Ich kenne keine ermutigendere Tatsache als die fraglose
Fähigkeit des Menschen, sein Leben durch bewusste Anstrengung
weiterzuentwickeln.
-Henry David Thoreau-
In diesem Beitrag möchte ich euch das Thema um die Pro-Aktivität näher bringen. Ich bin zum ersten Mal mit dem Wort pro-aktiv oder Pro-Aktivität in Berührung gekommen, als ich das Buch „Die 7 Wege zur Effektivität von Stephen R. Covey“ gelesen habe. Dieses Buch kann ich übrigens sehr empfehlen, es ist ein Meisterwerk seines Faches und hat in mir einen erheblichen Perspektivenwechsel hervorgerufen. Das Buch beeinflusst mein Denken und meine Vorgehensweise auch heute noch. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass es auf mein Leben einen immens positiven Einfluss gehabt hat und noch immer hat. Allerdings war es nicht das Buch an und für sich, sondern die Umsetzung des erlernten Wissens aus dem Buch.
Aber nun zurück zum Thema. Das Prinzip der Pro-Aktivität wurde von dem österreichischen Psychologen Victor E. Frankl geprägt und eingeführt. Frankl befand sich während des zweiten Weltkrieges in verschiedenen Konzentrationslagern, darunter auch Ausschwitz. Er erkannte währenddessen, dass ihm trotz aller Grausamkeiten, Erniedrigungen, Willkür und ständig drohender Todesgefahr eine Freiheit nie genommen werden konnte. Die Nazis konnten seine gesamte Umgebung kontrollieren, sie konnten mit seinem Körper machen, was sie wollten, aber eines konnten sie nicht. Sie konnten nicht kontrollieren, wie sich all das auf sein Innerstes und ihn auswirken würde. Seine Freiheit lag darin, selbst die Reaktion, auf das was ihm widerfuhr, also den Reiz, zu bestimmen. Mit dieser Selbstwahrnehmung entdeckte Frankl den fundamentalen Grundsatz:
Zwischen Reiz und Reaktion hat der Mensch die Freiheit zu wählen.
Unterschied Pro-Aktivität und Reaktivität
Es gibt einen wesentlichen Unterschied in der eigenen Wahrnehmung. Sie bestimmt das Denken über sich selbst und ob man letztendlich reaktiv oder pro-aktiv gepolt ist. Reaktive Menschen reagieren einfach auf Reize, sie lassen sich von Umständen und ihren Gefühlen wie ein Blatt im Wind treiben. Ist das Wetter gut, dann fühlen sie sich gut. Wenn das Wetter aber schlecht ist, dann wirkt sich das auf ihre innere Haltung und ihr Wohlbefinden aus. Pro-aktiven Menschen im Gegensatz ist das Wetter gleich, sie leiten ihr Wohlbefinden von den inneren Werten ab. Sie tragen ihr eigenes Wetter in sich.
Was verstehen wir nun unter Reize? Als Reiz wird in dem Fall einfach ein Impuls definiert, der in uns eine Reaktion hervorruft. Sei es durch die Umwelt oder konditionierte Faktoren.
Ein kleines Beispiel: ich schütte ein Glas Wasser um und versaue damit wichtige Notizen für die Arbeit oder das Studium. Als reaktiver Mensch reagiere ich unmittelbar auf den Reiz (Impuls). „Meine Freundin hat mich etwas gefragt und dadurch war ich unaufmerksam und habe das Glas umgeschüttet, deswegen ist im Grunde meine Freundin Schuld, dass ich mir meine Notizen versaut habe. (Einfluss durch die Umwelt) Zudem hat meine Mutter schon als Kind fürchterlich mit mir geschimpft wenn ich etwas aus Versehen kaputt gemacht habe, ich fühlte mich damals schon furchtbar deswegen und war sauer. Außerdem bin ich Österreicher und jammern und aufregen liegt uns nun mal einfach in den Genen“. (Konditionierte Faktoren)
Ein pro-aktiver Mensch hingegen nimmt den Reiz wahr und gleicht ihn mit seinem inneren Werte- und Prinzipiensystem ab, bevor er dementsprechend darauf reagiert. Stellt es euch so vor: Es passiert ein Reiz und der wird, durch die Freiheit zu wählen, auf verschiedenen Basen getroffen:
Selbstwahrnehmung: Wie möchte ich reagieren?
Vorstellungskraft: Wo bringt mich diese Reaktion hin? Führt sie mich zu meinem Ziel?
Gewissen: Ist diese Reaktion jetzt angebracht, möchte ich überhaupt so reagieren?
Freier Wille: Ich bin der Entscheider und sage wo es lang geht.
Unser Verhalten leitet sich von unseren Entscheidungen ab, nicht von den gegebenen Bedingungen
Jeder einzelne Mensch hat die Macht seine Entscheidungen und Reaktionen selbst zu wählen. Gib dir selbst die Freiheit zu wählen. Mit der Freiheit zu wählen, übernimmst du im gleichen Atemzug auch die Verantwortung über dein Leben. Denn es ist nicht das, was uns geschieht, sondern die Art, wie wir darauf reagieren, was uns verletzt. Natürlich gibt es Dinge, die uns physisch oder ökonomisch wehtun und uns Kummer bereiten. Aber das muss nicht unseren Charakter, unsere grundlegende Identität verletzen oder verändern.
Pro-Aktivität – mit der Sprache fängt es an
Die Sprache selbst ist einer der ersten Indikatoren zur Selbstwahrnehmung. Wenn wir ganz genau auf die Sprache lauschen, dann können wir sofort erkennen, wie weit wir uns selbst als pro-aktiven Menschen sehen. Reaktive Menschen befreien sich in der Sprache von Verantwortung.
Hier ein paar Beispiele einer Reaktiven Sprache und deren Bedeutung:
So bin ich einfach. >Ich werde bestimmt. Es gibt nichts, was ich daran ändern könnte.<
Es macht mich so wütend. >Ich bin nicht verantwortlich. Mein emotionales Leben wird von etwas außerhalb meiner Kontrolle regiert.<
Ich muss. >Etwas von außerhalb zwingt mich dazu, es gibt nichts was ich daran ändern könnte.<
Ich muss das tun. >Die Umstände oder andere Menschen zwingen mich zu tun, was ich tue. Ich bin nicht frei, meine eigenen Handlungen zu bestimmen.<
Eine reaktive Sprache ist deswegen so gefährlich, weil sie zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung wird. Sie produzieren dann selbst Beweise, welche diese Vorstellungen unterstützen, um sich selbst zu bestätigen, dass sie fremdbestimmt wären. Sie fühlen sich immer mehr als Opfer, ohne Kontrolle über ihr Leben und ihr Schicksal. Die Schuld an ihrer Situation wird bei Kräften außerhalb ihrer selbst, anderen Leuten, den Umständen, ja sogar bei den Sternen gesucht, nur nicht bei sich selbst.
Eine pro-aktive Sprache hingegen lässt einem immer die freie Wahl. Statt „ich muss“, kann man zum Beispiel sagen „ich wähle“. Statt „so bin ich einfach“, kann man eine andere Herangehensweise wählen. Findet Formulierungen in eurer Sprache, die euch die freie Wahl einräumen. Dadurch werdet ihr automatisch nach Bestätigungen zu diesen Aussagen suchen. Alleine dadurch werdet ihr eure Pro-Aktivität steigern.
Dies war ein kleiner Einblick in das Thema Pro-Aktivität, ich werde demnächst noch einen weiteren Artikel zu diesem Thema schreiben, damit du siehst, wie du deine Pro-Aktivität verbessern und wie du an ihr arbeiten kannst.
In der Zwischenzeit freue ich mich wenn du andere Artikel von mir liest die zu diesem Thema auch passen:
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22 Comments
Ein Beitrag für mich 😉 … da schlägt mein Psychologen Herz höher. Gut erklärt und bei mir sind gleich Erinnerungen an meine Studienzeit hochgekommen. Super gewisse Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen und bewusster zu handeln.
Toller Beitrag und gut verständlich erklärt.
Liebe Grüße
Verena
Vielen herzlichen Dank liebe Verena!
So ein Kompliment direkt von einer Psychologin zu bekommen erfreut mich sehr, zumal weil ich ja kein Psychologe bin. Ja man vergisst dise Dinge leider viel zu schnell, ich muss sie mie selbst immer wieder ins Gedächtnis rufen.
LG Silviu
Richtig interessant, danke auch für den Buchtipp! Unterschiedliche Herangehensweisen können oft sehr viel bewirken. Muss mir das auch immer wieder ins Gedächtnis rufen um manche Dinge auch nicht zu überstürzen!
Alles Liebe,
Verena
whoismocca.com
Ja solche Sachen muss man sich leider wirklich immer wieder ins Gedächtnis rufen. Man vergisst einfach zu schnell darauf. Bitte gerne, das Buch ist wirklich Gold wert!
Lg
Wirklich ein sehr interessanter Artikel, dem ich nur zustimmen kann.
Ich bin Yogalehrerin und ein jahrtausende altes philosophisches Prinzip des Yogas ist es ebenfalls, dass man als Mensch immer die Wahl hat, die man auf Dinge reagiert, sobald man gelernt hat impulsives Verhalten unter Kontrolle zu bringen. Ich finde das alles wahnsinnig interessant 🙂
LG
Anni von http://www.yogagypsy.de
Interessanter Beitrag! Habe auch mal irgendwas schon davon gehört aber nicht mehr so im Bewusstsein gehabt, danke für in die Erinnerung holen.
Lg aus Norwegen
Ina
Huhu! Silviu! Interessanter Beitrag. „Außerdem bin ich Österreicher und jammern und aufregen liegt uns nun mal einfach in den Genen. (Konditionierte Faktoren)“ …. ;O) .. ist das so? Was sagen die anderen Österreicher dazu?
Ich bin auch dafür dass man dieses „ich muss“ also, das „müssen“ erneuern sollte. Muss man ? Oder muss man nicht ? Mh.
LG!! Sirit von Textwelle . Schau mal vorbei!
Hallo Sirit,
Danke für dein Kommentar. Ja es ist leider wirklich so. Österreicher sind dafür bekannt sich ständig zu beklagen ?
Hallöchen,
echt ein toller Beitrag. Ich finde, dass man dank deiner Beiträge immer etwas über sich selbst nachdenkt. Lerne sogar was über mich dazu. Schön, dass du uns immer auf so wichtige Dinge stupst!
Liebst Linni,
http://www.linnisleben.de
Hallo Linni,
Vielen Dank für das Kompliment. Wenn das wirklich so ist dann erfüllen meine Beiträge ihren Zweck 🙂
Ein spannender Beitrag, passt gut zu meinem Thema von heute. Stressreduktion. Nach dem Motto: ich habe es selbst in der Hand wovon ich mich stressen lassen will. Meditation hilft übrigens auch um sich seine Reaktion erst einmal in Ruhr zu überdenken
Hallo Sunita,
Definitiv, jegliche Form von Achtsamkeitsübung hilft ungemein um die Kraft zu finden seine Reaktionen erst einmal zu überdenken 🙂
Anscheinend bin ich oft ein eher öroaktiver Mensch und wusste es bisher gar nicht. Sehr interessant! Ich denke schon auch, man hat immer eine Wahl und ich lebe nach dem Motto: Ich freue mich, weil ich mich freuen will!
Ein deinen Eintrag über die Pro-Aktivität wirklich sehr interessant. Mein Sohn hat dieses Buch auch gelesen und er findet es sehr empfehlenswert.
Liebe Grüße
Sigrid
Das hast Du super geschrieben, es regt zum nachdenken an!
Danke Dir für den Buchtipp!
Hab einen schönen Sonntag!
xoxo
Jacqueline
Hey.
danke für den inspierenden Beitrag. Sie helfen immer wieder alles zu reflektieren und zu analysieren. Danke auch für den schönen Buchtipp, den ich mir gerne mal genauer anschauen werde.
Lg
Steffi
das kann ich nur wiedergeben: ein sehr interessanter Beitrag!
danke dafür und liebste Grüße auch,
❤ Tina von http://www.liebewasist.com
Lieber Silviu, danke für diesen wertvollen Beitrag zu einem wichtigen Thema. Ich kenne das Prinzip der „Pro-Aktivität“ vor allem aus der Kabbalah, einer Jahrhunderte alte mystische Tradition des Judentums. Das Konzept ist dem von dir beschriebenen sehr ähnlich. Wenn man es schafft, dies tatsächlich umzusetzen und zu leben, ist man vermutlich wirklich frei. Sicherlich ist es ein längerer Prozess, das wirklich umzusetzen, aber ein sehr lohnenswerter, der zu wahrer, innerer Freiheit und einem wirklich erfüllten Leben führt. Sehr schön beschrieben, danke dir <3 Alles Liebe, Julia von roadheart.com
Ach ja die Opferrolle gefällt so manchen, ich habe mich darin nich wohl gefühlt und mein Leben in kleinen Schritten zu ändern und es zu meinem Leben zu machen ?? Der Moment in dem man wirklich glücklich wird ? toller Artikel ??
Richtig toller Beitrag wieder! Ich bin selbst auch sehr überlegt in der Wortwahl wenn es um das Ausdrücken und Empfindungen, Vorstellungen oder Ansichten geht – ich hab das während meiner Ausbildung zur Mediatorin gelernt und es hat mir wirklich viel geholfen. Den Artikel zu lesen hat mir das alles nochmal ins Bewusstsein gerufen, danke dafür! ?
Sehr spannender Beitrag, und wie wahrscheinlich jeder Leser erkenne ich mich in dem Einen oder Anderen direkt wieder!
Man hat die Wahl & das sollte man nicht vergessen …
Hi, ich fand das
„Zwischen Reiz und Reaktion hat der Mensch die Freiheit zu wählen.“
sehr sehr gut, weil es auch meiner Lebensweise entspricht. Bei mir nenne ich es die Pausen zwischendrin. Gerade heute oftmals in der Gesellschaft nehmen wir uns aber nichtmal die Zeit für Pausen, wir haben es weder in der Schule, noch bei den Eltern gelernt. Zumindest zum Großteil nicht… da haben wir alle Nachholbedarf für die Dekonditionierung unserer Leistungsgesellschaft.
Alles Liebe,
Dominik